Erst dachte ich: Diese Hündin riecht seltsam. Mittlerweile finde ich: Sie duftet himmlisch. Meine Nase in diesem seidigen Hundefell – ein Traum. Sie findet das auch schön – jedenfalls dann, wenn sie auf meinem Arm herumgetragen wird, und weiss, dass es entweder nach draussen geht oder wieder zurück. Oder – fast egal: Denn hier ist sie sicher. Das weiss sie, ich spüre es. Ich fühle mich auch sicherer, wenn sie auf dem Arm ist. Der Hund da, was will der von ihr? Lieber auf den Arm. Der Aufzug, den mag sie noch nicht übermässig. Lieber auf den Arm. Der Weg den Hausgang entlang dauert ewig. Lieber auf den Arm. Und die Busfahrt – so viele Geräusche, so viele Menschen. Was wird sie davon halten? Lieber auf den Arm. Kleine Hunde sind wie kleine Kinder. Das stimmt. Und stimmt doch überhaupt nicht. Der wichtigste Unterschied: Kinder gehen irgendwann aus dem Haus. Hunde bleiben da. Der zweitwichtigste: Kinder beginnen irgendwann zu reden, Hunde müssen wir selbst lesen. Eine Herausforderung. Lotte hat geschlafen. Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder sie will raus. Sofort, sonst gibt es sofort ein Unglück. Oder sie will sich nur ein anderes Plätzchen suchen, vielleicht etwas trinken, und dann weiterschlafen. Wie das eine vom anderen unterscheiden? Noch habe ich keine Ahnung. Oder: Sie will spielen. Sie beisst in Pullover, Pantoffeln, Hände. Es tut nicht sehr weh, aber die Zähne sind spitz. Und wir erwarten Enkelbesuch, manche Enkel sind ziemlich ängstlich. Die sollte sie unbedingt nicht beissen. Andererseits muss sie ihre Zähne abarbeiten, ihre Kaumuskulatur stärken. Dafür darf sie problemlos in ihr Spielzeug beissen, in Stöcke, die sie am Wegrand findet. Meinetwegen auch in die Stahlrohre der Stühle. Nur: Wie ihr beibringen, dass das eine verboten, das andere aber erlaubt ist? Ich weiss es noch nicht. Manchmal ahne ich es. Nicht oft. Sie muss das lernen mit dem Beissen. Und ich muss lernen, meine Hündin zu lesen. Manchmal gelingt es mir. Dann finde ich: Diese Hündin ist ganz klein. Aber zusammen sind wir ein superstarkes Team. Bis zum nächsten Biss. Und zum nächsten Enkelbesuch. Dann ist sie zwar immer noch grossartig. Aber mich finde ich den Voll-Verlierer. Und die totale Analphabetin.
Hunde lesen lernen
23. Feb 2018 | Lieselotte bloggt, Lieselotte lernt, Lotte wächst | 1 comment
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Ist es nicht so, dass wir manchmal unsere eigene Stimmungen in ein Hundegesicht hinein interpretieren? Wenn wir etwa das Haus verlassen und ein schlechtes Gewissen haben, weil wir den Hund alleine lassen. Der Hund schaut uns an und wir meinen zu sehen, dass er traurig ist. Dabei wissen wir gar nicht, ob er traurig ist. Wir übertragen unser schlechtes Gewissen.