Die Allmend ist ein Gebiet, das allen Bürgern offensteht. Es ist in Zürich-Brunau auch ein Gebiet, das der Sihl offensteht, wenn sie mal mehr Platz brauchen würde als üblich. Und die Allmend ist in Zürich vor allem ein Hundeparadies, sehr zum Leidwesen mancher Jogger, die auch dort herumrennen. Aber meistens rennen deutlich mehr Hunde als Jogger herum. Das Gebiet ist gross, grenzt auf der einen Seite an das Einkaufszentrum Sihlcity und die Saalsporthalle, geht auf der anderen über in die Randgemeinde Manegg, links und rechts liegen der Fluss Sihl und der Wald am Uetliberg, dem Zürcher Hausberg. Es ist also ein Gebiet, in dem es alles gibt, was das kleine Hundeherz begehrt: Felder, Wiesen, Wald. Und in der Mitte ein kühler Fluss. In den Hitzetagen ist die Sihl natürlich der totale Renner, Lotte hat mittlerweile feste Wässerungsstellen, sozusagen, wo sie jedes Mal vom Weg herunter in den Fluss rennt und sich mindestens die Pfoten, meist aber auch den Bauch und oft auch noch den Rücken benetzt. Hier hat sie auch Schwimmen gelernt (Siehe Blogbeitrag «Wasserhund, endlich»).
Aber am Anfang stand natürlich die Wiese. Mühsam hat sie gelernt, sich hinzusetzen, bevor ich sie loslasse und sie wie eine Berserkerin zum nächsten Hund in der Nähe rennen darf. «Nächster Hund in der Nähe», das war manchmal auch ein Widerspruch in sich, denn die Nähe war oft ziemlich fern. Aber das störte Lotte vor allem zu Beginn nicht – sie rannte soweit, bis sie endlich einen Hund sah. Nur selten geschah es, dass sie wirklich keinen sah, und deswegen doch erstmal für sich selbst hin- und herfetzen musste. Meist aber ist auf der Allmend der nächste Hund nicht fern. Und mittlerweile rennt sie auch nicht mehr sooo weit. Und auch sonst lernt Lotte hier unendlich viel. Zum Beispiel und vor allem: Nicht jeder Hund taugt zum Spielen. Jedenfalls nicht auf die Art der wilden Lotte. Manche sind zu klein, manche sind zu müde, viele sind zu alt, manche wollen einfach gar nicht spielen (es war unendlich schwer für das kleine Lottehirn, das zu akzeptieren). Manche sind auch zu gross, die wollen mit so kleinen Wichten nichts zu tun haben. Die beiden grossen, schwarzen Riesenschnauzer, die ihr das beibrachten, wird sie ein Leben lang nicht vergessen, scheint mir. Danach hat sie sich schlauerweise angewöhnt, sich erstmal hinzusetzen, die Hunde aus der Ferne zu beäugen, sich vorsichtig heranzurobben – oder gleich abzudrehen. Die beiden Riesenschnauzer standen jedenfalls über ihr, Lotte lag jaulend auf dem Rücken darunter. Zum Glück hatte der Besitzer die Riesen gut im Griff; auf sein Kommando hin liessen sie von Lotte ab – aber eben: Seither ist sie vorsichtig.
Unseren ersten Besuch auf der Allmend vergesse ich nie. Es war ziemlich warm, und Lotte noch ziemlich winzig. Der Weg über die Wiese, inklusive Spiel hier und Herumtollen da, hat sie schon völlig ermüdet. Ich nahm sie an die Leine, denn ich musste dringend auf die Toilette, und dafür taugt der Kiosk mit seiner öffentlichen Toilette sehr. (Ansonsten wird er doch sehr von grossen Hunden dominiert, nicht alle gut erzogen; Lotte hat schon ein paar doofe Erfahrungen gemacht – sie mag den Platz nicht besonders.)
Wir kamen also mit Mühe hin zum Kiosk und waren schon wieder auf dem Rückweg, als mir auffiel, dass ich mein Handy auf dem Klo liegengelassen hatte. Also wieder zurück. Lotte musste den Weg noch einmal machen. Ich weiss nicht mehr, ob ich sie auch mal getragen habe, wahrscheinlich schon, aber sicherlich war sie zu schwer, als dass ich sie den ganzen Weg hätte tragen können, und sicherlich war sie zu unruhig. Heute schaue ich mir die Wiese an und kann kaum glauben, dass zwei Hin und Her sie damals so an den Rand ihrer Kräfte gebracht haben. Die Strecke wirkt heute so kurz!
Noch immer pest Lotte auf der Allmend wie verrückt mit den anderen Hunden herum, schwimmt in der Sihl nach Stöcken, die sie zuverlässig ans Ufer, aber nicht unbedingt zu mir bringt, und wir beide lieben die Allmend als Ort, wo Hund einfach Hund sein darf und Zweibeiner sich nicht für jeden Missgriff ihres Schützlings entschuldigen müssen. Die meisten hier haben Verständnis, denn sie können sich noch gut daran erinnern, wie es war, als ihr Vierbeiner jung und die Wiese für ihn noch riesig war.